Spätblähung bei Käse

Seit ich vor über 30 Jahren in die Milchwirtschaft eingestiegen bin, hat sich einiges verändert. So ist die Anzahl der bäuerlichen Betriebe und der Milchverarbeiter gesunken, die landwirtschaftlich genutzte Grundfläche kleiner geworden und auch die technologischen Weiterentwicklungen auf dem Milchgewinnungssektor sind heute deutlich verändert.

Hat man, zumindest teilweise in meinen Anfängen, noch von Hand gemolken, so wurde der Übergang zu Kübelmelkanlagen schnell vollzogen. Durch die neuen und moderneren Rohrmelkanlagen und jetzt auch die AMS hat sich hier in kurzer Zeit einiges getan. 

Aber was hat das mit Spätblähung bei Käse zu tun???

Die primären Ursachen der Spätblähung liegen in den Faktoren Milch- und Melkhygiene, Säuerung und Säuerungsaktivität (bei der Produktion) und der Technologie (Einrichtung).

Natürlich entsteht eine Spätblähung nur dann, wenn entsprechende Bakterien vorhanden sind und diese dann zu gegebener Zeit, bei für sie günstigen Bedingungen, wieder aktiv werden und durch den Stoffwechsel Gas in hohen Mengen bilden.

Die Hauptkeime sind dabei: Clostridien, Propionsäurebakterien und Lactobacillen.

Alle drei Keime kommen im Umfeld, im Futter (Silage, aber auch Gras), dadurch schließlich im Darm und schlussendlich im Stall vor. Dort können diese Schädlinge dann über das Euter und die Zitzen in den Milchabführenden Kreislauf gelangen und sich, bei unsachgemäßer Reinigung, einnisten und vermehren.

 Welche Hauptursachen gibt es?

 Es beginnt bei den Futtermitteln und endet beim Verarbeitungsbetrieb. Verunreinigtes Gras und Heu mit einem hohen Erdanteil bringen hohe Konzentrationen von Sporen, Lactobacillen und auch Propionsäurebakterien mit sich. Auch zu große Mengen an Frischgras zur Fütterung im Stall sind zur Bekämpfung der 3 Schädlinge nicht von Vorteil. Das Gras wird warm, die Feuchtigkeit geht auf den Boden, gibt dem Keimwachstum eine Starthilfe und die Verdichtung der Futterreste auf dem Futtergang durch die verwendeten Maschinen ist perfekt geeignet, den von diesen Keimen benötigten Ausschluss von Sauerstoff herzustellen.

Bei mangelnder Stallhygiene, einer unzureichenden Personal-hygiene und Fehler in der Melk- und Melkanlagenhygiene kann es schnell zu einem Anstieg der Keime kommen, ohne dass dies bei den Keimzahlen der Qualitätsuntersuchungen ersichtlich ist.

Der Reinigung des Milchtanks, in welchem die Milch über Stunden gelagert wird, kommt eine große Bedeutung zu, wie auch der Reinigung des Sammelwagens beim Verarbeiter.

Schon wenige Keime reichen aus, um nach drei bis zwölf Monaten im Käse Risse zu erzeugen oder den Geschmack negativ zu beeinflussen. Je höher daher die Fremdkeimbelastung mit diesen drei angeführten Bakterien in der Anlieferungsmilch ist, umso wahrscheinlicher ist eine Spätblähung bei lang gereiften Käsen und damit verbundener Wertverlust zu erwarten.

 

Es ist zwar noch immer gültig, dass eine Keimzahl von 5.000 Keimen pro ml beim Lieferanten eine sehr saubere Milch darstellt, jedoch stellt sich heute immer mehr auch die Frage, welche von den 5.000 Keimen sind nützlich und welche sind schädlich für die Produktqualität.

Wie kann ich dem Problem der Spätblähung entgegenwirken?

– gute Stallhygiene (Futtergang, Futterbarren, Liegeflächen, Laufwege, Stallluft)

– Futtergewinnung und Lagerung begutachten (Erdanteil, Schimmel, Feuchtigkeit)

– die eingebrachte Grasmenge bei der Grasfütterung im Stall dem Fressverhalten anpassen

– ausreichende Euter- und Zitzenreinigung vor dem Melken (keine Mehrwegfetzen)

– Hygieneprogramm beim Melken anwenden

– Reinigung der Melkanlagen und Milchberührenden Teile mit entsprechender Temperatur (>60 °C im Reinigungsrücklauf der Anlage); entsprechende Reinigungs- und Desinfektionsmittel für die Reinigung verwenden

– Untersuchungen im Labor durchführen und laufende Kontrollen der Schadkeimzahlen

– Schulung des Melkpersonals und Aufklärung über Problemzonen und mögliche Verursacher durch die Hofberatung

– Säuerungsverlauf bei der Produktion überwachen und gegebenenfalls Kulturenzusammensetzung und Einsatzmenge überdenken; Produktion anpassen

– Einstellen des Kochsalzgehaltes im Käse (ist speziell bei Propionsäurebakterien wichtig)

Fazit:

Spätblähung ist ein Hygieneproblem!!!!

Es beginnt im Stall und geht über die Melktechnik, die Milchlagerung und den Transport in den Verarbeitungsbetrieb, bei welchem es bei unsachgemäßer Reinigung, Produktion und Lagerung zu Qualitätseinbußen und wirtschaftlichen Schäden kommen kann.

Fritz Metzler

Bereichsleiter Milchwirtschaft, LK Vorarlberg